FOREver - Die Geschichte des Golfsports zwischen Gentlemen, Greens und Girlpower

Golf. Dieser großartige, grotesk-geniale Grünsport, bei dem ein kleiner Ball über riesige Flächen bewegt wird – idealerweise in Richtung eines kleinen Lochs. Und zwar mit möglichst wenigen Flüchen und Schlägen. Aber wie kam es überhaupt zu diesem Spiel, das heute sowohl Senioren als auch Superstars, Vorstände wie Vereinsmeier, Ballartisten und Ballverirrte gleichermaßen begeistert?  Wie wurde aus dem "Gentleman's Game" ein globaler Spaß auf den Greens der Welt? Und warum dauerte es so lange, bis auch Frauen mehr durften als Applaus spenden?

Steigen wir ein in die Geschichte – mit Birdies, Bunkern, einem Putt voll Power für Gleichberechtigung und einer Portion Backspin auf die großen (und kleinen) Meilensteine des Golfsports. Spoiler: Frauen spielen dabei eine ganz zentrale Rolle. Und Deutschland ist auch mehr als nur Platzreife und pünktliches Pitchmarken-Ausbessern.

Keine Sorge: Wer keine Lust auf lange Fairways hat, findet am Ende jedes Abschnitts eine Infobox mit den wichtigsten Fakten.

1457–1754

Der schottische Ursprung und das erste Verbot

Alles begann angeblich in Schottland im 15. Jahrhundert. Dort schlugen bärtige junge Männer mit Keulen auf Bälle ein. Dies jedoch gefiel König James II. von Schottland gar nicht, im Jahr 1457 verbot er das Spiel. Klar, schließlich hielt es die jungen Männer vom Bogenschießen ab, was man im Zweifel für die Verteidigung des Landes eher brauchen könne. Der erste schriftliche Hinweis auf unser heutiges Golfspiel.

Doch wie jeder begeisterte Golfer bereits vermutet: Gespielt wurde weiter. Und wie! An den Küsten rund um Edinburgh entstand das, was wir heute als Golf erkennen: Ein Ballspiel mit Keulen, gespielt auf natürlichem Gelände, den ersten „Links“. Folge dieser Hartnäckigkeit: 1552 wurde Golf erstmals in St. Andrews offiziell erlaubt.

Bald wurde aus dem wilden Schlagen ein Spiel mit Regeln. Der älteste Golfclub der Welt, die Honourable Company of Edinburgh Golfers, wurde 1744 gegründet. Dort wurde auch das erste schriftliche Regelwerk verfasst: neun simple Punkte, darunter bahnbrechende Erkenntnisse wie „Der Ball darf nicht aus der Hand gespielt werden“. Die Gründung verlief dabei auch ganz ohne Dresscode-Debatte, denn wer spielt schon in Funktionskleidung, wenn er einen Umhang hat?

1764 passierte dann etwas Großes: Der Old Course von St. Andrews – damals schon Kult – reduzierte die Anzahl der Löcher von 22 auf 18. Und schwupps, ein Standard war geboren.

Infobox: Die Geburt des Golfs

  • 1457: Erstes Golfverbot durch König James II.
  • 1552: Golf offiziell erlaubt in St. Andrews
  • 1744: Erste Golfregeln, geschrieben von der „Honourable Company of Edinburgh Golfers“
  • 1764: Einführung des 18-Loch-Standards

1811–1900

Die ersten Frauen gegen alle Konventionen

Frauen und Golf – das ist keine moderne Emanzipationsgeschichte, sondern eine lange Geschichte mit Hindernissen, Hooks und Heroismus.

Während die Herren der Schöpfung sich schon fleißig auf den Links verlustierten, waren Frauen lange außen vor (Ladies first? Wohl eher Ladies finally…). Der Grund dafür? Ein Mix aus angeblicher „körperlicher Schwäche“, gesellschaftlichem Rollenbild und purem Männerstolz.

Doch wie immer gab es einige mutige Vorreiterinnen: Bereits 1811 wurde im schottischen Musselburgh das erste dokumentierte Damengolfturnier ausgetragen – mit Seidenschals als Preis (wie es sich für eine echte Dame gehört). 1867 folgte dann die Gründung des ersten Damengolfclubs: der Ladies’ Golf Club of St. Andrews. Zumindest ein kleines Par für die Gleichberechtigung, aber das richtige Green war noch weit: Zutritt zum Old Course? Fehlanzeige.

Dennoch, sie spielten und sie blieben. Auch in den USA und England formierten sich Frauenvereinigungen, meist getrennt von den Männerclubs – aber mit wachsendem Selbstbewusstsein.

Infobox: Frühe Frauenpower

  • 1811: Erstes Damengolfturnier (Musselburgh, Schottland)
  • 1867: Gründung des ersten Damen-Golfclubs
  • Gründe für Ausschluss: Konservative Rollenbilder, fehlende Kleidungsmöglichkeiten, vermeintliche „körperliche Unterlegenheit“

1900–1945

Golf goes global und Frauen machen Druck

1900 wurde Golf zum ersten Mal olympisch – mit einer eigenen Damenkonkurrenz. Die US-Amerikanerin Margaret Abbott gewann Gold, wusste aber vielleicht bis zu ihrem Tod nicht, dass es sich um olympische Spiele handelte (ernsthaft!).

Golf verbreitete sich durch die britische Kolonialmacht weltweit: nach Indien, Australien, Kanada – und auch nach Deutschland.

1907 wurde der Deutsche Golf Verband (DGV) gegründet, mit damals sieben Clubs. Zunächst war Golf hierzulande ein klar elitärer Sport: gespielt von Adligen, Großindustriellen und gut betuchten Damen mit Hut. Die Platzreife? Damals noch kein Thema – aber der Dresscode war strenger als jede Benimmregel.

In dieser Zeit kam auch die erste große weibliche Golf-Ikone: Babe Didrikson Zaharias. Eine Ausnahmesportlerin, die nicht nur olympisches Gold in Leichtathletik gewann, sondern später auch zehn Major-Titel im Golf – und sich 1945 traute, bei den Herren der PGA Tour anzutreten. Den Cut verpasste sie nur knapp. Für die Entwicklung des Frauengolfs ein Meilenstein, denn mit Präzision und Köpfchen bewies sie, dass gute Abschläge keine Frage des Y-Chromosoms sind.

Infobox: Golf goes global

  • 1900: Golf bei den Olympischen Spielen (inkl. Frauen!)
  • 1907: Gründung des Deutschen Golf Verbands (DGV)
  • 1945: Babe Zaharias spielt als Frau auf der Herren-Tour

1945-2000

Technik, Touren und das moderne Damengolf
 

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam der Golfboom: neue Plätze, neue Stars – und langsam, aber sicher: neue Rollenbilder. In den USA wurde 1950 die LPGA Tour gegründet – eine rein weibliche Profi-Tour, heute Vorbild für viele Länder. Mittlerweile gibt es weltweit über 38.000 Golfplätze, darunter Wüstenplätze in Dubai und sogar Putting Greens und Driving Ranges auf Kreuzfahrtschiffen. 

Technologisch entwickelte sich das Spiel rasant: Von Holzschlägern zu Stahl, später Graphit. Der Ball wandelte sich vom „Featherie“ (mit Federn gefüllte Lederhülle) über den Guttapercha-Ball zum Hightech-Multilayer, wie wir ihn heute kennnen.

Aber auch modisch tat sich was: Weg von Korsett und Hüten, hin zu sportlicher Kleidung – oft von den Frauen zuerst getragen.

In Deutschland begann spätestens in den 1980ern eine Demokratisierung des Sports. Zwar blieb Golf lange ein „gehobener“ Sport, aber die Platzreife öffnete den Zugang. Und auch hier trauten sich immer mehr Frauen auf den Abschlag.

Infobox: Moderne Meilensteine

  • 1950: Gründung der LPGA Tour
  • 1970er–90er: Technische Innovationen: Graphit-Schäfte, bessere Bälle
  • 1980er: Golf boomt in Deutschland, Frauenanteil wächst

2000-heute

Gleichberechtigung (fast) erreicht?

 

Heute gehört Golf zu den global populären Sportarten – mit rund 70 Millionen Spielern weltweit. Der Anteil an Frauen? Weltweit etwa 25–30 %, Tendenz steigend.

Stars wie Annika SörenstamLorena OchoaInbee ParkLydia Ko oder aktuell Nelly Korda und Rose Zhang haben den Frauengolf sichtbar gemacht – nicht nur technisch auf Augenhöhe, sondern auch wirtschaftlich attraktiv.

Und doch: Das Preisgeld bei Damen-Turnieren ist oft deutlich niedriger, TV-Zeiten kürzer und die Medienpräsenz ausbaufähig. Wie in vielen Sportarten ist der Kampf auch im Golfsport noch nicht ausgestanden.

Vielen nicht bekannt: Auch Deutschland hat mit Spielerinnen wie Sandra GalCaroline Masson oder der jungen Helen Briem echte Talente hervorgebracht. Der DGV fördert gezielt Frauen, z. B. mit Damenkadern, Schulprojekten und gezieltem Sichtungstraining. Und: Über 30 % der Golfspieler*innen in Deutschland sind heute Frauen.

Infobox: Golf heute

  • Top-Spielerinnen: Nelly Korda, Lydia Ko, Rose Zhang, Atthaya Thitikul
  • DGV-Statistik: ca. 33 % Frauenanteil in deutschen Golfclubs
  • Trends: Mehr Turniere für Frauen, inklusivere Kleidung, mehr Förderung

Kleidung, Etikette & DGV: Die deutschen Eigenheiten

 

Und wie siehts bei uns aus? Wer in Deutschland Golf spielt, trifft auf ganz eigene Eigenheiten. Hier zeigt sich wieder, dass so manches Vorurteil doch zutrifft. Denn auch wenn der Dresscode weicher wird, die Etikette bleibt. Und sie ist hierzulande fast heiliger als der Platz selbst. Wer die Pitchmarke nicht ausbessert, riskiert böse Blicke. Wer auf dem Grün telefoniert, sofortige soziale Ächtung. Wer beim Schwung des anderen redet, einen Golfschläger am Kopf. Und wer über die Puttlinie des anderen läuft, einen gebrochenen Knöchel. Ein Vergehen ist aber in jedem Fall unverzeihlich: spiele niemals, NIEMALS den Ball eines anderen.

Eine weitere deutsche Eigenheit: Die Platzreife ist Pflicht. Ein weltweit fast einzigartiges Konzept, bei dem Golfregeln, Sicherheit und Spielpraxis geprüft werden.

Und der DGV? Der verwaltet heute nicht nur über 700 Clubs, das Handicap-System und Ligen, sondern engagiert sich zunehmend für Inklusion, Umweltschutz und Jugendförderung.

 

 

 

 

Fazit: Golf – ein Spiel in Bewegung

 

Golf hat sich gewandelt: von einem elitären Männerspiel auf Schafweiden zu einem globalen Sport mit Gleichberechtigungsanspruch, moderner Technik und einer stetig wachsenden Community. Frauen haben sich ihren Platz auf dem Fairway erkämpft, nicht mit Gewalt, sondern mit Geduld, Präzision und purer Leidenschaft.

Der Wandel zeigt sich zwar nur langsam, aber beständig. Wie ein gut geputteter Ball auf dem Green: Manchmal hat er Breaks, manchmal braucht er einen Stups in die richtige Richtung und gute Nerven - aber mit dem richtigen Schwung kommt er an.

Und du? Ob Einsteiger*in oder Expert*in, ob in Hoodie oder Hosenanzug, ob du nun in St. Andrews, St. Leon-Rot oder im Stadtpark deinen ersten Pitch machst – die Geschichte spielt mit. Und das ist das Schöne: Golf ist nicht nur Sport. Es ist Kultur. Und ja, manchmal auch Charaktertest.

 

Damit herzlich Willkommen im wahrscheinlich widersprüchlichsten, aber dennoch wundervollsten Sport der Welt!

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