
Episode 6: 30 Jahre Golf, oder warum Kündigungen bei Zeitpachtverträgen keine Kurzspiele sind
Die Frage:
Kann ein Verpächter einen langfristigen Pachtvertrag über eine Golfanlage ordentlich oder außerordentlich kündigen, wenn der Pächter den Platz auch für andere Golfer öffnet, die Pflege nachlässt und es zum Betreiberwechsel kommt?
Der Fall:
Ein Verpächter, der eine Golfanlage für stattliche 30 Jahre verpachtet hat, will nach einigen Jahren das Spielfeld räumen lassen. Der Grund? Der Pächter hat den Golfclub gewechselt, die Anlage auch für andere Spieler geöffnet und anscheinend lässt das Greenkeeping ebenfalls zu wünschen übrig. Also versucht der Verpächter den Vertrag zu kündigen. Doch der Pächter hält dagegen und sagt sinngemäß: „Du kannst mich nicht so einfach vom Platz nehmen – wir haben noch Jahre zu spielen!“
Juristische Einschätzung:
Das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 07.06.2005 – 7 U 32/04) musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob der zwischen den Parteien abgeschlossene langfristige Pachtvertrag durch die Kündigungen des Verpächters wirksam beendet wurde.
Die Entscheidung fiel eindeutig aus: Der Vertrag war als Zeitpachtvertrag für eine Laufzeit von 30 Jahren geschlossen worden. Gemäß § 581 Abs.2 in Verbindung mit § 542 Abs. 2 BGB ist bei einem Miet- oder Pachtverhältnis auf bestimmte Zeit die ordentliche Kündigung ausgeschlossen, sofern keine anderweitige vertragliche Regelung besteht – und eine solche Ausnahme war hier gerade nicht vereinbart.
§ 581 Abs.2 BGB Vertragstypische Pflichten beim Pachtvertrag:
Auf den Pachtvertrag mit Ausnahme des Landpachtvertrags sind, soweit sich nicht aus den §§ 582 bis 584b etwas anderes ergibt, die Vorschriften über den Mietvertrag entsprechend anzuwenden.
§ 542 Abs. 2 BGB Ende des Mietverhältnisses:
Ein Mietverhältnis, das auf bestimmte Zeit eingegangen ist, endet mit dem Ablauf dieser Zeit, sofern es nicht
1. in den gesetzlich zugelassenen Fällen außerordentlich gekündigt oder
2. verlängert wird.
Auch eine außerordentliche fristlose Kündigung nach § 581 Abs.2 in Verbindung mit § 543 Abs. 1 BGB war nicht möglich.
§ 543 Abs. 1 BGB Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund:
Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Das Gericht betonte, dass ein wichtiger Grund im Sinne dieser Vorschrift voraussetzt, dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum vereinbarten Ende nicht zugemutet werden kann. Diese Voraussetzungen sah das OLG hier jedoch nicht erfüllt.
Die Öffnung des Golfplatzes für externe Spieler war nicht per se vertragswidrig, sondern vielmehr durch die vertragliche Konzeption sogar mitgedacht. Auch die Tatsache, dass der bisherige Golfclub die Nutzungsvereinbarung kündigte und der Pächter anschließend eine neue Vereinbarung mit einer anderen Betreibergesellschaft einging, sah das Gericht nicht als schwerwiegenden Pflichtverstoß. Diese Vorgänge betrafen in erster Linie das Verhältnis zwischen dem Pächter und dem Golfclub, nicht jedoch das Pachtverhältnis mit dem Verpächter.
Erschwerend kam hinzu, dass durch die Pflegeprobleme und Nutzer kein wirtschaftlicher Schaden nachgewiesen war, sodass eine Unzumutbarkeit kaum zu begründen war.
Darüber hinaus hatte man im Pachtvertrag ausdrücklich geregelt, dass Zahlungsrückstände nur dann zu einer Kündigung berechtigen sollten, wenn sie länger als sechs Monate andauern. Damit wurde die gesetzliche Regelung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB wirksam abbedungen. Da ein solcher Zahlungsverzug im konkreten Fall nicht vorlag, konnte die Klägerin auch hieraus kein Kündigungsrecht herleiten.
Ergebnis:
Die Kündigungen waren unwirksam. Der Pächter durfte weiterhin auf dem Platz bleiben und den Betrieb der Golfanlage fortsetzen. Der Versuch, den Vertrag vorzeitig zu beenden, scheiterte klar am Vertragstext und an der fehlenden Schwere der vorgebrachten Pflichtverletzungen.