#2 Fremde Balljäger: Darf man einfach so auf dem Golfplatz sammeln?
Die Frage:
Immer wieder sieht man sie auf der Runde oder am Rand des Platzes: Menschen mit Eimer oder Netz, die scheinbar gar nicht
spielen, sondern gezielt Golfbälle einsammeln. Aber: dürfen Fremde auf dem Golfplatz einfach so Bälle aufklauben,
auch wenn sie selbst nicht spielen?
Der Fall:
In den frühen Abendstunden bin ich auf dem Weg zum Grün. Da sehe ich zwei Männer abseits vom Fairway ohne Golfschläger
oder Bags. Stattdessen ein Eimer, Handschuhe und ein klares Ziel. Sie sammeln Bälle, und zwar systematisch. Einer späht, der andere taucht ins Rough. Ich zögere. Es sind nicht meine Bälle. Aber der Platz gehört doch auch nicht ihnen?
Wem gehören die Bälle wirklich? Und: Ist das erlaubt?
Rechtliche Einschätzung:
Kurz und klar: Nein, das ist nicht erlaubt. Denn juristisch gesehen gilt Folgendes:
- Ein verlorener Ball ist nicht herrenlos, sondern immer noch Eigentum der Spielerin oder des Spielers, bis dieser ausdrücklich darauf verzichtet hat (vgl. §§ 903, 959 BGB). Lies hierzu den vorherigen Beitrag.
- Selbst wenn der ursprüngliche Eigentümer den Ball „aufgegeben“ hat, befindet er sich auf dem Privatgelände des Golfclubs.
a) Verbotene Eigenmacht
Nach § 858 BGB ist es unzulässig, jemandem den unmittelbaren Besitz ohne dessen Willen zu entziehen.
§ 858 Abs.1 BGB Verbotene Eigenmacht
Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht).
Der Golfplatzbetreiber ist regelmäßig im Besitz der auf seinem Gelände liegenden Bäll. Beim systematischen Sammeln von Golfbällen auf einem Golfplatz ohne Erlaubnis des Betreibers wird der Besitz an den dort liegenden Bällen entzogen.
Das Betreten und Einsammeln ohne Erlaubnis des Platzbetreibers ist also verbotene Eigenmacht. Das kann als Besitzstörung gelten und vom Club untersagt oder sogar rechtlich verfolgt werden.
b) Hausfriedensbruch
Je nach Einzelfall kann es beim Sammeln fremder Bälle auch schnell zu einem strafrechtlich relevanten Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) kommen.
§ 123 Abs.1 StGB Hausfriedensbruch
Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Ein Hausfriedensbruch kommt immer dann in Betracht, wenn der Golfplatz durch Zäune, Hecken oder andere Umgrenzungen klar abgegrenzt und gegen unbefugtes Betreten geschützt ist (sog. befriedetes Besitztum). Das Betreten (zum Bällesammeln) ohne Erlaubnis des Golfclubbetreibers stellt dann ein widerrechtliches Eindringen ein.
Hier kommt es also insbesondere darauf an, inwieweit das Grundstück vor "Eindringlingen" geschützt ist.
c) Diebstahl
Noch dazu kann das Sammeln fremder Bälle auf Privatgelände ohne Genehmigung im schlimmsten Fall sogar als Diebstahl (§ 242 StGB) gewertet werden.
§ 242 Abs.1 StGB Diebstahl
Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Ein Diebstahl setzt voraus, dass die Golfbälle im Eigentum eines anderen stehen. Zu der Frage, wer Eigentümer eines ins Aus gespielten oder verlorenen Golfballs ist, lies den vorherigen Beitrag.
Auch hier ist es vom konkreten Einzelfall abhängig, ob ein Diebstahl vorliegt.
Das Ergebnis:
Der Golfplatz ist kein Selbstbedienungsladen für Sammler mit Eimern. Das Bällesammeln ohne Erlaubnis ist gleich aus mehreren Gründen nicht zulässig.
Nur wenn der Club selbst das Sammeln erlaubt oder autorisiert – etwa durch Platzpflegepersonal oder in Ausnahmefällen – ist es rechtlich sauber.
Und was heißt das jetzt für uns?
Bälle sammeln auf fremdem Platz – ohne zu spielen oder Erlaubnis zu haben – ist tabu. Auch dann, wenn es viele sind und sie verlassen wirken.
Und wenn du jemanden siehst, der das ohne Bezug zum Spiel oder zur Anlage tut? Dann darfst (und solltest) du das dem Clubpersonal melden. Denn das ist nicht kleinlich, sondern schlicht eine Frage des Respekts – gegenüber dem Club, den Mitgliedern und dem Spiel selbst.
Wer spielt, darf finden. Wer nur sucht, der stört.
