
Episode 2: Rutschgefahr statt Birdie - und wer haftet?
Die Frage:
Du gehst mit deinem Trolley über die gepflegte Anlage – ein kurzer Weg zwischen zwei Löchern. Plötzlich rutschst
du auf einem nass-glitschigen Grasbüschel aus und verletzt dich. Darfst du in so einem Fall vom Golfplatzbetreiber
Schmerzensgeld oder Schadensersatz verlangen?
Der Fall:
Eine erfahrene Golferin rutschte im Herbst auf ihrem Heimatplatz auf dem Weg zwischen zwei Spielbahnen auf
feuchtem Gras aus, stürzte und verletzte sich. Sie verklagte den Betreiber des Platzes auf Schmerzensgeld mit dem
Argument, dieser habe keine Vorkehrungen gegen die Rutschgefahr getroffen. Doch: Muss ein Golfplatzbetreiber wirklich vor feuchtem Gras warnen?
Juristische Einschätzung:
Im Mittelpunkt steht hier die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Betreiber von Sportanlagen müssen für die Sicherheit der Nutzer sorgen – aber nur in einem angemessenen Rahmen.
§ 823 Abs. 1 BGB Schadensersatzpflicht:
Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
Die Rechtsprechung geht für die Verkehrssicherungspflicht von folgenden Grundlagen aus:
„Das Ausmaß der Verkehrssicherungspflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Grundsätzlich muss nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden. Eine absolute Sicherheit kann und muss nicht gewährleistet werden. Der Umfang der Sicherungsmaßnahmen hat sich vielmehr daran zu orientieren, was zur Gefahrenabwehr notwendig und zumutbar ist, um Dritte vor Gefahren zu schützen, die er selbst bei Anwendung der von ihm in der konkreten Situation zu erwartenden Sorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann.“
Allerdings setzt dies eine Pflichtverletzung voraus – und genau daran scheiterte der Anspruch im vorliegenden Fall. Denn Golfplatzbetreiber müssen vor Gefahren schützen, die über das übliche Risiko des Spielbetriebs hinausgehen. Das LG München I (Urteil vom 10.12.2024 – 13 O 7261/24) argumentierte, dass nasses Gras eine typische und allgemein erkennbare Gefahr auf einem Golfplatz sei, gerade bei feuchter Witterung:
„Zudem wären etwaige Grasbüschel bzw. Grasmahd auf dem betonierten nicht überdachten Abgang zur Unterführung sowohl vorhersehbar als auch ohne weiteres erkennbar. Dem Golfsport ist immanent, dass er auf mit Gras bewachsenem Gelände stattfindet. Auf Golfplätzen, wo zwangsläufig auf Gras gespielt wird und für die Bespielbarkeit laufend Mäharbeiten stattfinden, ist mit Resten von Rasenmahd bzw. Grasbüscheln zu rechnen. Es handelt sich insoweit um eine übliche und keine atypische Gefahr. Es entspricht auch der Lebenserfahrung und ist als allgemein bekannt zu unterstellen, dass Gras feucht ist und rutschig sein kann. Einzelne Grasbüschel lassen sich nicht vermeiden und stellen daher schon keine sicherungspflichtige Gefahrenquelle dar.“
Die Spielerin musste daher selbst auf ihre Schritte achten – der Betreiber hatte keine zumutbare Pflicht, etwa Warnschilder aufzustellen oder Wege zu streuen. Hinzu kommt, dass der Spielerin ein erhebliches Mitverschulden nach § 254 BGB zu unterstellen wäre:
§ 254 BGB Mitverschulden
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Hierzu führt das LG München I aus:
"Selbst wenn man eine Haftung der Beklagten unterstellen würde, entfiele diese insoweit wegen weit überwiegenden Mitverschuldens der Klägerin, aufgrund der vorgenannten Außerachtlassung der hier erforderlichen Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten.“
Das Ergebnis:
Ein Golfplatzbetreiber haftet nicht für Verletzungen durch typische, offensichtliche Risiken wie feuchtes Gras. Wer Golfschuhe trägt, muss selbst auf sicheren Stand achten.