
#3 Aus Versehen über's Netz: Wer haftet bei Bällen über dem Schutznetz?
Die Frage:
Ein Ball fliegt dir auf der Driving Range ein bisschen zu gut – du triffst ihn satt, er steigt höher als gedacht, überfliegt das
Fangnetz und landet… auf einem Parkplatz. Oder schlimmer: auf der Windschutzscheibe eines Autos. Bist du dafür haftbar?
Oder war das einfach Pech – für den Autobesitzer?
Der Fall:
Lisa, ambitionierte Anfängerin, trainiert fleißig auf der Driving Range. Mit ihrem neuen Driver – ein echtes Monster –
will sie zeigen, was in ihr steckt. Ein kräftiger Schlag, ein zu flacher Winkel und: zisch! Der Ball fliegt über das Fangnetz, durchquert elegant den Parkplatz und hinterlässt eine bleibende Erinnerung in der Windschutzscheibe eines Autos. Lisa wird blass: „Bin ich jetzt ruiniert – oder zahlt das jemand?“
Juristische Einschätzung:
a) Haftet Lisa?
Verursacht jemand durch sein Verhalten vorsätzlich oder fahrlässig einen Schaden an Eigentum, haftet er grundsätzlich mit seinem Privatvermögen:
§ 823 Abs. 1 BGB Schadensersatzpflicht:
Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
Im Fall von Lisa geht es um eine Eigentumsschädigung. Es stellt sich die Frage: War ihr Verhalten fahrlässig?
Dies hängt davon ab, ob sie die nötige Sorgfalt beachtet hat:
§ 276 Abs. 2 BGB Fahrlässigkeit:
Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
Ein Spieler muss sein Können realistisch einschätzen. Wer als Anfänger mit einem Driver spielt und das Risiko eines Fehlschlags kennt, handelt fahrlässig, wenn er trotzdem volle Power gibt – besonders, wenn es eine Vorgabe gibt, auf der Range nur mit Eisen zu spielen.
Das bedeutet: Die Haftung liegt grundsätzlich beim Spieler, wenn der Ball nicht zufällig, sondern durch ein Fehlverhalten außerhalb des vorgesehenen Bereichs gerät – wie hier über das Netz hinaus. Das gilt auch auf Übungsanlagen.
b) Mögliche Mitverantwortung des Golfclubs:
Auch der Betreiber der Driving Range kann haften, wenn er seine Verkehrssicherungspflicht verletzt, das heißt, wenn er nicht ausreichend dafür gesorgt hat, dass Menschen oder Sachen außerhalb der Range vor abirrenden Bällen geschützt sind. Das bedeutet zum Beispiel:
- Ist das Fangnetz zu niedrig, obwohl bekannt ist, dass es regelmäßig überflogen wird?
- Ist direkt hinter dem Netz ein Parkplatz oder Weg, der besser abzusichern ist?
- Gibt es keine Hinweise oder Regeln, obwohl Risiken bekannt sind?
Für Lisa bedeutet das: wenn das Fangnetz unzureichend hoch oder beschädigt ist, kann eine (Mit-)Haftung des Betreibers bestehen.
Aber: Der Betreiber muss nicht jeden Extremfall verhindern. Nur das, was nach allgemeiner Erfahrung vorhersehbar und zumutbar abzusichern ist. Der Spieler bleibt also trotzdem grundsätzlich in der Verantwortung für seinen Ball.
c) Versicherung:
Solche Schäden sind meist durch eine private Haftpflichtversicherung abgedeckt. Viele Golfclubs setzen diese Versicherung für Mitglieder voraus oder bieten Sammelverträge.
Auch in diesen Fällen prüft die Versicherung jedoch, ob die grob fahrlässig gehandelt hast.
Das Ergebnis:
Wer beim Abschlag über das Schutznetz schlägt und einen Schaden verursacht, haftet in der Regel persönlich, sofern Fahrlässigkeit vorliegt. Der Club kann mithaften, wenn seine Sicherheitsvorkehrungen unzureichend sind. Eine Haftpflichtversicherung kann hier viel Ärger ersparen.
Was kannst du tun?
- Achte auf dein Ziel – und auf die Reichweite deines Schlägers.
- Verwende auf der Range ggf. Rangebälle mit reduziertem Flug oder einen kleineren Schläger, wenn das Netz in Schlagreichweite liegt.
- Frag im Zweifel beim Club nach, wie hoch versichert ist – oder ob es bekannte Problemstellen gibt.
- Und: Eine private Haftpflichtversicherung mit Einschluss von Sporthaftpflicht (inkl. Golf!) ist ein Muss.